Wenn es um Unternehmerinnen in Hannover geht, fällt schnell der Name Tina Voß. Ihr Erfolgsgeheimnis? „Ich bin ein Streber!“ Ob das stimmt? Für das Interview jedenfalls gibt’s von WELCOMESPY die Note Eins.
Werbung. Unbeauftragt.
Tina, du bist Gesellschafterin, Inhaberin und Teil eines Geschäftsführer-Duos des regionalen Marktführers im Bereich Zeitarbeit, Personalvermittlung und Business Coaching, Buch-Autorin, Betriebswirtin, Industriekauffrau und Honorarkonsulin von Norwegen – hab ich was vergessen?
Podcast-Gast bei Bremen Zwei bin ich neuerdings auch. Zweimal im Monat kann man sich eine neue Folge der Satire „Wischmeyers Stundenhotel“ anhören. Eigentlich war mein Auftritt bei Dietmar Wischmeyer als einmalige Aktion geplant, dann hat’s aber so viel Spaß gemacht, dass ich einfach der Dauergast bleibe. So, den Verweis auf unseren Podcast habe ich damit untergebracht, jetzt kannst du weiterfragen (lacht.)
Was liebst du an deinem Job?
Wir können machen, was wir wollen! Natürlich muss das Ganze am Markt erfolgreich sein, aber die Strategien und Konzepte auf den Weg dorthin entwickeln wir selber. Alle Entscheidungen sind komplett bei uns angesiedelt. Unabhängigkeit war und ist für mich extrem wichtig – kein Chef, kein Vermieter etc. Daher stand es auch nie ernsthaft zur Debatte, mein Unternehmen zu verkaufen. Diese Einstellung ist sehr kräftezehrend, aber anders kann ich es mir nicht vorstellen.
Was macht dir weniger Spaß?
Wenn es an das konkrete Arbeiten geht, wie zum Beispiel die Implementierung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) in alle Strukturen und Prozesse fange ich an, im Meeting ungeduldig auf dem Stuhl herumzurutschen. Meine Kollegen sehen dann schon mein Gesicht und schmeißen mich raus. Solche Arbeiten übernehmen dann Mitarbeiter bei uns, denen das mehr liegt. Wenn es ans Bewerten und Unterschreiben von zum Beispiel Rahmenvereinbarungen geht, bekomme ich von der zuständigen Prokuristin die Unterlagen gut vorbereitet vorgelegt. Mit Klebezetteln sind die wichtigsten Passagen markiert, ich muss nur noch drüberlesen und unterschreiben.

Tina Voß, Unternehmerin aus Hannover
Was sind die Trends auf dem Arbeitsmarkt?
Wir haben einen ganz klaren Bewerbermarkt, da verändert sich das Thema Zeitarbeit gerade sehr. Echte Talente können sich ihre Jobs aussuchen und wählen nicht bevorzugt Arbeitnehmerüberlassung, sondern fangen gleich beim Unternehmen an. Mit einer halbwegs guten Ausbildung und der Bereitschaft, sich IT-mäßig ein bisschen zu engagieren, bekommt heute nahezu jeder einen Job. Daran wird sich auch so schnell nichts ändern.
Am meisten sind wir daher mittlerweile im Bereich Personalvermittlung tätig. Wie kleine Trüffelschweine durchforsten wir die Social Media-Kanäle von LinkedIn und Xing bis hin zu Facebook und Instagram nach interessanten Profilen. Unsere Talentmanager sind da aktiv unterwegs und führen viele Bewerbungsgespräche, um die idealen Kandidaten für die Anforderungen unserer Kunden zu finden.
Welchen aktuellen Entwicklungen stehst du skeptisch gegenüber?
Die umfassende Akademisierung in der Ausbildung ist sicher ein Punkt, den ich kritisch sehe. Immer mehr junge Menschen studieren, die duale Ausbildung gerät in den Hintergrund. Während früher die duale Ausbildung die Norm auf dem Arbeitsmarkt ausgemacht hat, liegt der Trend aktuell beim Studium. Die Folge: Viele neue Studenten, die vielleicht in einer Ausbildung besser aufgehoben wären. Von der Familie oder der Gesellschaft werden sie aber an die Uni getrieben. Damit nehmen sie nicht nur vielleicht besser geeigneten Kandidaten den Studienplatz weg, sondern sind häufig permanent überfordert. Schlimmstenfalls senken sie das Niveau in den Hörsälen und darunter leidet dann früher oder später die Wirtschaft.
Eine weitere Entwicklung unserer Zeit, die problematisch ist, ist die verkürzte Aufmerksamkeitsspanne, die wir durch Social Media fast alle haben. Wir sind kleine Informationsschnipsel gewohnt und kaum mehr in der Lage oder Willens, ein Thema tiefgreifend zu durchdringen. Mir geht das nicht anders, wenn ich zum Beispiel einen langen Artikel im Magazin „Die Zeit“ lesen soll. Ich kann mich einfach nicht mehr so lange konzentrieren wie früher. Das wird dem Artikel und dem Autor nicht gerecht.
Hast du ein Erfolgsgeheimnis?
Ich bin so mega, mega verantwortungsbewusst und verlässlich. Bis ich einen Termin absage, da muss schon viel passieren. Das stresst mich dann auch manchmal, weil ich allen gerecht werden will. Außerdem interessiere ich mich für viele Dinge und wenn ich etwas anfange, mache ich es immer vernünftig und von Grund auf. Da bin ich ein riesen Streber. Zudem versuche ich, so ein Chef zu sein, wie ich mir einen Chef gewünscht hätte. Ob das jetzt immer deckungsgleich mit den Vorstellungen meiner Mitarbeiter ist, weiß ich allerdings nicht so genau (lacht.)
Was hat es mit der Honorarkonsulin von Norwegen auf sich?
Ja, das bin ich auch! Ich bin damals gefragt worden, ob ich mir das vorstellen könnte. Norwegen braucht Ansprechpartner vor Ort, z.B. wenn ein Norweger in Deutschland einmal Hilfe oder Kontakte benötigt. Sei es, dass er im Krankenhaus ist, im Gefängnis, die Deutsche Messe besuchen oder auch einfach nur wählen möchte. Auch wer als deutscher Staatsbürger in Norwegen ein Haus kaufen möchte, braucht eine Menge Unterlagen, Formulare, Beglaubigungen etc. Wer in Deutschland lebt und projektbezogen in Norwegen arbeitet, bekommt hier ebenfalls Unterstützung. Das Konsulat ist bei uns im Büro, meine Prokuristin, die ehrenamtlich Konsulatssekretärin ist, und ich sind sozusagen die Schnittstelle zwischen Deutschland und Norwegen und zu vielen Ansprechpartnern.
Was sind die größten Herausforderungen unserer Zeit?
Schritt zu halten mit China und den USA. Die beiden Länder sind in der Digitalisierung so unfassbar fortgeschritten. Wir im kleinen Europa kreisen dagegen sehr um uns selbst, bewegen uns so wenig, sprechen nicht mit einer Stimme. Lange waren wir sehr erfolgreich und denken nun, es ginge immer so weiter. Wir müssen uns aber verändern! Diese Trägheit und Skepsis gegenüber Neuem macht es in einem digitalen Zeitalter für Deutschland und Europa echt schwer.
Hast du einen Lebenstraum?
Ich habe mir so viele schon erfüllt. Ich habe ein Buch geschrieben (mittlerweile sogar mehrere.) Für meine Thriller wollte ich mal eine Figur haben, die auf einem Containerschiff flüchtet – das musste ich natürlich erst einmal selbst erleben. Wie riecht ein Containerschiff, wie hört es sich an, wie fühlt man sich auf See. Einige der schönsten Wochen meines Lebens! Ansonsten habe ich keine Lebensträume, denn ich erfülle sie mir immer relativ zeitnah, sobald einer aufploppt. Das könnte ich sonst gar nicht aushalten.
Vielen Dank für deine Zeit, liebe Tina!
Fotos: Helge Krückeberg
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Ein sehr spannendes Interview mit interessanten Einblicken.
Vielen Dank, lieber Robert. Es freut mich sehr, dass dir das Interview mit Tina gefällt!
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