Wölfe, Wisente und wuselige Waschbären, die einem die Taschen gründlicher leeren als das Finanzamt: Als Tierpfleger im Wisentgehege Springe hat WELCOMESPY für alle was Leckeres dabei. Werbung. Unbeauftragt.
Süße Überraschung zum Start meines Tierpflegertages: Wenige Stunden zuvor erblickte dieses Bullenkalb das Licht des Wisentgeheges in Springe am Deister. Der Kleine ist noch etwas wacklig auf den Beinen. Wie alle in Springe geborenen Wisentkälber wird er einen Namen bekommen, der mit „Sp“ anfängt. Wie wär’s mit „Spy“? Mama scheint nicht begeistert von meinem Besuch. Sie hat mich fest im Blick. Und ich komme mal lieber nicht näher.
Alles Fisch, Otter was?
Als Tierpfleger bin ich heute eh etwas im Stress, denn bei den Fischottern ist Frühstückszeit. Ziemlich hektisch und voll ziellosem Aktionismus werde ich begrüßt. Dann fliegen auch schon die Fische.
Knurps, schmatz, schleck – dem Ottermännchen Sascha schmeckt’s.
Eine Sekunde nicht aufgepasst! Das Weibchen Verena klaut mir den Futtereimer und bunkert ihn auf ihrer Insel mitten im Teich. Da komme ich nicht mehr dran. Herrje, ich muss noch eine Menge lernen. Aber der Tag als Tierpfleger ist noch jung und es kann nur besser werden.
Auf zum Elchtest
Nach der Pleite mit den Fischottern brauche ich dringend ein Erfolgserlebnis. Es wird Zeit, mir meinen Respekt zurückzuerobern. Wo ginge das besser als bei den Elchen, den scheuen, sanften Riesen der nordischen Wälder?!
Mooooment! Was ist denn hier los? Ich muss doch sehr bitten!
Nice to meat you
Weiter geht’s zu einem Tier, das dem Spion selbst Respekt einflößt: der Wolf. Im Wisentgehege Springe gibt es neben handaufgezogenen und damit recht zahmen Timberwölfen und Polarwölfen aus dem Wolfsprojekt auch drei wilde Europäische Wölfe. Das Trio hat Hunger und ich bin heute für seine Mahlzeit zuständig. Damit ich nicht selbst zu einer werde, bringe ich etwas Leckeres zur Bestechung mit. Sicher ist sicher.
Die Portionen für die Wölfe wurden zur Sekunde vom Schlachter geliefert und sind etwas größer als ich sie aus der heimischen Bratpfanne kenne. Entsprechend fahre ich schwere Geschütze auf: Hackebeil und …
… Knochensäge. Nichts für schwache Nerven (und Oberarme.)
Todesmutig verteile ich die mundgerechten Häppchen anschließend im Gehege. Die drei Wölfe sind anwesend. Irgendwo hinter, neben, vor oder unter mir. Zuerst habe ich ein mulmiges Gefühl. Dann spüre ich, dass die Tiere mindestens doppelt so viel Angst vor mir haben wie ich vor ihnen. Mit eingeklemmter Rute verpieselt sich der Leitwolf zuerst im Gebüsch. Von den anderen nehme ich auf meinem Rundgang kaum mehr als ein Ohr oder ein Rascheln wahr. Ich bin beeindruckt: Sollte der „böse“ Wolf mich mehr respektieren als Elch und Otter?
Sicherheitsstufe Rot
Die Wölfe teilen sich mit einem Braunbärenpaar das Gehege. Mit den beiden ist allerdings nicht zu spaßen. Deshalb haben wir sie vor dem Betreten der Anlage hinter die Schieber gesperrt. Dort ist dann gleich Fütterung.
Abwechslungericher Speiseplan: Ein Supermarkt in Springe spendet seine nicht verkauften Lebensmittel den Tafeln und dem Wisentgehege. Manchmal bleibt sogar bei den Tafeln noch etwas über, das dann wiederum an die Tiere im Wisentgehege verfüttert wird. Das nenne ich nachhaltig! Wildschweine, Bären, Vielfraße und Waschbären sind nämlich nicht wählerisch und fressen so ziemlich alles. Für die Braunbären gibt es heute eine bunte Lunchbox. Vom Spion persönlich garniert mit Vitaminen und Mineralstoffen in Pulverform.
Aber erst den Salat und dann den Kuchen, okay? Ach, das klappt doch bestimmt sowieso nicht …
Richtig vermutet: Der Knochen ist nämlich die Vorspeise von Bärendame Karla. Mit ihren Krallen kann sie prima das Mark herausprokeln. Der Rest wird ausgelutscht.
Braunbär Siggi lässt sich derweil ein frisch zubereitetes Müsli mit Haferflocken, Leinsaat, Beeren und Rapsöl schmecken. Direkt vom Löffel des Spions. Abgerundet wurde die Komposition mit einem Glas selbstgekochter Marmelade aus dem „Spendenschrank“, der immer mal wieder von Privatpersonen befüllt wird. Siggi ist ein amtlicher Schnellesser und hat den Eimer in nicht viel mehr als einer Minute komplett geleert. Dabei ist er jedoch sehr vorsichtig. Wieder ein großes, furchteinflößendes Tier, das sich mit seiner Zurückhaltung in mein Herz schleicht.
Hatte ich Zurückhaltung gesagt? Hey, liegenlassen, das ist das Fleisch für die Wölfe!
Um die Bären vom Wolfsfutter fernzuhalten tue ich das, was ich bei den Ottern geübt habe: Fische werfen. Von sechs verschwinden zwei in den Tiefen des Beckens, die anderen vier fangen die beiden Bären mehr oder weniger kompetent. An mir liegt’s nicht, ich werfe natürlich perfekt.
Wir können auch süß
Der große Wurf ist auch der Mama dieses wenige Tage alten Rentierkälbchens gelungen. Feingliedrig und flauschig ruht es sich auf einer Lichtung aus. Süß aussehen kann ja so anstrengend sein!
Von den beiden Frischlingen müssen wir gar nicht erst reden, oder?
Auch Charlie, das weiße Frettchen, kann richtig flirty gucken, wenn es spielen will. Dann wuselt es auffordernd im „Marderhoppelgang“ durchs Gehege. Man möge doch bitte ein Bällchen werfen oder mit einer Katzenangel wedeln.
Damit sein Kumpel und er im großen Auslauf immer gut beschäftigt sind, verstecke ich überall Futter. Dann können sie ausgiebig hoppeln.
Dem Pfau gefällt’s. Er schlägt dem Spion ein Rad.
Wildkater Mikesch lässt das alles völlig unbeeindruckt. Ebenso wie seinen größeren Verwandten, den Luchs. Von ihm gibt es kein Foto, denn ich konnte ihn beim besten Willen nicht erspähen. Sich verstecken kann er scheinbar richtig gut. Da kann ich als Spion noch was lernen.
Codewort Rosinenbrötchen
Hallo! Wer bist denn du? Im Waschbärgehege wird es pelzig, quirlig – und ganz schön aufdringlich. Wie immer geht es auch hier ums Essen. Die Rosinenbrötchenstücke in meiner Jackentasche werden sofort eifrig herausgefummelt. Dazu muss man allerdings erst mal am Hosenbein hochklettern.
Und wenn man schon mal oben ist, kann man sich auch gleich als Nackenrolle verdingen. Fressen geht schließlich in jeder Lebenslage!
Nach einem ereignisreichen Tag als Tierpfleger im Wisentgehege bin ich jetzt zwar meine Rosinenbrötchen los, aber um eine wichtige Erkenntnis reicher: Die harmlosen Tiere haben oft die wenigsten Berührungsängste. Und die vermeintlich gefährlichen häufig am meisten Schiss.
Vielen Dank an das Wisentgehege Springe und Tierpflegerin Heike für den perfekt organisierten, spannenden und superlustigen Tierpflegertag!
Über das Wisentgehege Springe
- Größe: 900.000 qm
- Bestand: rund 100 Wildarten
- Träger: Niedersächsische Landesforsten
- Ziele: Artenschutz & Umweltbildung
- Gründung: 1928 zum Zwecke der Arterhaltung des Wisents
- Mehr Infos: www.wisentgehege-springe.de
Edit: Das Wisentgehege Springe hat den kleinen Wisentbullen tatsächlich Spy genannt!
Fotos: André Weißgerber
Well done! Habe das Gefühl, die Pferdewelt könnte Dir auch gefallen 😉
Danke, liebe Regine. Ich freue mich schon auf unseren gemeinsamen Blogbeitrag!
… einfach ein Superspy! … von dem witzigen Charme und der kühnen Unerschrockenheit kann selbst James B. noch was lernen … 🙂
Danke, liebe Marion. Ich werde es ihm ausrichten, wenn sich der Geheimagenten-Gesprächskreis das nächste Mal in dieser verruchten Bar in Acapulco zum Erfahrungsaustausch trifft …
Meeega lustig! WelcomeSpy, du hast eine brilliante Art zu schreiben, köstlich!! Ich liebe die Mischung deiner Blogbeiträge – informativ, spannend und lustig. Richtig super 🙂
Oh, das freut mich, liebe Milena! Danke! Der Tag im Wisentgehege hat aber auch echt Spaß gemacht. 🙂
liebe Anna,
was für ein wunderbarer start in den tag: deine herzerfischenden kommentare über deinen besuch im wisentgehege, so liebevollwitzigluschtich: seeeeehr gelungen!
you made my day danke sei umarmt constanze
Vielen lieben Dank! Der Tag mit den Tieren und einer supertollen Tierpflegerin an meiner Seite war so herzerfrischend, da flutschte der Text von ganz alleine. Und Fotograf André hat auch einen top Job gemacht.
Lieber Spion, das ist eine supersüße und anschauliche und wieder so herrlich humorvolle Story – vielen Dank!
Huiii, so viel lob am Morgen, liebsten Dank, Manola. Es freut mich riesig, dass die Story so gut ankommt und hoffe, sie inspiriert den einen oder anderen, das Wisentgehege mal wieder zu besuchen. Es lohnt sich sooo sehr und hat viele Besucher verdient.
Das ist eine so schöne Story, dass ich sofort Lust bekomme das Wisentgehege zu besuchen…
Das werde ich daher sofort auf meine „To-do Liste“ setzen. Vielen Dank, liebe Spionin!
Und der Newsletter ist auch abonniert 😉
Liebe Tamara, daaankeschön! Ja, das Wisentgehege lohnt sich immer, nicht nur zum Hubertusfest (was jedes Jahr ein absoluter Kracher ist!) Viel Spaß!
Was für ein schöner Artikel!
Und dass das Wisentkälbchen jetzt wirklich „Spy“ genannt wurde, ist ja wohl der Hammer <3
Lieber Rob, vielen Dank. Und ja, dass das erste Wisentkälbchen des Jahres 2019 nun tatsächlich auf den Namen „Spy“ getauft wurde, hat mich sehr gerührt, nicht geschüttelt. 🙂
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